TGURD #3 – Tue Gutes und rede darüber
Wir schreiben über alles, was wir in Schöneweide lieben. Über das kreative Leben, das sich überall Bahn bricht, über Randberliner Alltag und Tradition, über Zauber und Schönheit, die Coolness und Schrulligkeit – denn darüber liest man viel zu wenig.
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TGURD #3 – Tue Gutes und rede darüber

Mandy Geddert und Lars Düsterhöft haben bei ihrer Aktion: Tue Gutes und rede darüber im Juli die Ausgabestelle von Laib und Seele (Teil der Berliner Tafeln e.V.) in Niederschöneweide besucht und mit angepackt. Mandy hat ihre Eindrücke aufgeschrieben und da wir von der Aktion begeistert sind, ist sie diese Woche unsere Gastautorin.

Der Mensch lebt nicht vom Brot allein

Ein Teil eines biblischen Satzes, der zu einer Redensart wurde und in vielen Lebenslagen Anwendung findet. Er soll, so glaube ich, das Wesentliche beschreiben und meint doch sehr viel mehr. Ich möchte eben nicht nur satt werden, sondern auch gehört, geliebt, geachtet. Ich möchte dazugehören, ganz gleich, woher ich komme.

1993 wurde der Verein gegründet, mit der Absicht, einwandfreie Lebensmittel die kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen zu sammeln und diese an bedürftige Menschen zu verteilen. Seither holen ehrenamtliche Mitarbeiter regelmäßig Lebensmittel von Supermärkten ab und bringen sie in eine der 45 Ausgabestellen von Laib und Seele.

 

LAIB und SEELE ist eine Aktion der Berliner Tafel e.V., der Kirchen und des rbb

Letzte Woche Donnerstag waren Lars und ich in der Ausgabestelle Hasselwerderstr. 22a in Niederschöneweide. Andreas Bredereck leitet sie seit 2015.

Unsere Hilfe kündigten wir vorher an. Für die Planung der Ausgabe ist es sehr wichtig zu wissen, wer wann hilft.

Pünktlich um 14 Uhr beginnt das Teammeeting. Wir sind ein wenig zu spät dran und platzen mitten hinein. Andreas weist gerade ungefähr 20 ehrenamtliche Helfer*innen ein. Wir setzen uns dazu.

Die aktuelle Lage wird erörtert und Probleme angesprochen. Die Fahrzeuge kommen nachmittags oft zu spät, sodass die eintreffenden Lebensmittel nicht pünktlich zum Ausgabebeginn fertig sortiert sind. Ab August werden sich deshalb voraussichtlich die Ausgabezeiten ändern. Genau steht das aber noch nicht fest.

Es gibt noch ein paar Anmerkungen aus der Runde und Blumen für Andreas, der kurz zuvor seinen 60sten Geburtstag hatte. Es wird herzlich gratuliert und geklatscht. Danach geht es schnell wieder zur Tagesordnung über.

Die anwesenden ehrenamtlichen Mitarbeiter wissen Bescheid und gehen routiniert ihrer Arbeit nach. Die meisten von ihnen kommen regelmäßig zweimal die Woche. Immer mittwochs und donnerstags. Es wird in zwei Schichten gearbeitet. In der ersten, von 9-14 Uhr, werden die Lebensmittel sortiert und geordnet, in der zweiten Schicht von 14-19 Uhr sortiert, geordnet und verteilt.

Lars und ich bekommen jeder eine rote Schürze ausgehändigt. Richtig gutes Material – war mein erster Gedanke. Wenn es um Stofflichkeit geht, kommt sofort die Textilerin in mir durch. Einweghandschuhe gehören auch zu unserer Ausrüstung.

Wir sind an diesem Nachmittag für das Obst verantwortlich. Verdorbenes muss aussortiert werden und größere Mengen in kleinere portioniert. Ich fange mit den Mirabellen an, die lose in einem Plastikkorb liegen. Sie müssen in kleine Tüten abgepackt werden. So auch die Kirschen. Das andere Obst ist bereits in kleine Einheiten verpackt. Wir müssen diese Begutachten und schlechtes Obst aussortieren. Alles muss zügig gehen, damit die Ausgabe pünktlich beginnen kann.

Laib

Als wir fertig sind, liegen die Stachelbeeren zusammen mit den Weintrauben in einer Stiege, in einer anderen warten Aprikosen neben Nektarinen auf ihre Bestimmung. Die Erdbeeren teilen sich mit den Himbeeren vorübergehend einen Ort. Ordnung muss sein und gut aussehen soll es auch. Das Auge isst schließlich mit.

Zwischendrin liefern zwei Fahrzeuge Ware an. Noch mehr Obst und vieles mehr von Rewe, Edeka und allen anderen Supermärkten aus der Gegend, bis auf ALDI.

Für die Ausgabe gibt es noch mal eine Unterweisung. Es darf nicht zu viel Ware an die ersten Kunden herausgegeben werden. Schließlich soll es für alle 160 Haushalte reichen.

Als wir kurz vor 16 Uhr fertig sind, machen wir eine Pause und genießen einen Kaffee. Nun steht alles bereit und es sieht tatsächlich aus wie in einem Markt. Heute gibt es sogar fair gehandelte Blumen für die Kunden. Die stehen gleich am Eingang. Gefolgt von Kräutern, Kartoffeln, Möhren, Kohl, Bananen, Äpfeln, Paprika, Tomaten, Kernobst, Salat, Brot, gekühlten Lebensmitteln.

Stephan, mit dem ich mich in der Pause unterhalte, ist seit einem Jahr regelmäßig an einem Tag in der Woche hier, um zu helfen. Er ist berufstätig und findet ehrenamtliche Tätigkeit wichtig. Andere, mit denen ich ins Gespräch komme, sind selbst Bedürftige und helfen tatkräftig mit. Ihnen ist die Gemeinschaft wichtig.

Getränke, Kuchen und belegte Brötchen, die ebenfalls von den Supermärkten hierher kommen, stehen für die wartenden Kund*innen bereit. Dazu gibt es immer einen freundlichen Austausch zwischen allen. Viele kennen sich schon lange. Sie reden sich vertrauensvoll bei ihren Vornamen an.

Seele

Interessierte können vor dem Verkauf an einer 15-minütigen Andacht, die ein Pastor hält, teilnehmen. Ehrenamtliche der christlichen Gemeinden bieten darüber hinaus auch Seelsorge und Kinderbetreuung an. Diese Angebote werden sehr gern angenommen.

Pünktlich um 16 Uhr beginnt die Ausgabe. Sie erfolgt nach einem Nummernsystem, welches sich an die Bedürftigkeit der Menschen orientiert. Die Reihenfolge der Ausgabe wird über einen Aushang bekannt gegeben.

Damit jede*r Kunde auch mal in den Genuss kommt unter den ersten zwanzig zu sein, gibt es ein Losverfahren.

Jede*r Kundin/Kunde wird von einem Ehrenamtlichen durch den kleinen Markt begleitet und persönlich bedient. Somit kommt man mit jedem Einzelnen auch ins Gespräch.

Ich erfahre, was aus den mitgenommenen Lebensmitteln gekocht wird und bekomme einige Zubereitungstipps. Eine Dame möchte Kartoffelsuppe kochen und sucht Majoran. Auf dem Kräutertisch liegt Thymian. Wir sind beide der Meinung, dass Thymian ganz ähnlich schmeckt und auch gut in die Kartoffelsuppe passt. So landet eine Packung Thymian in ihre Tasche.

Einige wollen frisches Saisonobst für ihre Kinder mitnehmen. Dass die Kinder Obst essen, ist den Eltern an heißen Tagen wie diesem sehr wichtig. Melone, Aprikosen und Weintrauben sind besonders gefragt.

In Höhe des Salatstands ist das Verkaufsgespräch für mich beendet. Die Kollegin am Backstand übernimmt. Hier läuft alles Hand in Hand.

Bis 19 Uhr geht der Verkauf. Danach wir aufgeräumt und geputzt.

Bevor es für die Menschen nach dem Einkauf endgültig nach Hause geht, verweilen einige noch im schönen Garten der Einrichtung, unterhalten sich und genießen das schöne Wetter.

Ware, die übrig bleibt, wird noch am selben Abend von Food Change abgeholt. Sie verstehen sich als Lebensmittelretter, die die geretteten Waren an Bekannte, Suppenküchen oder Obdachloseneinrichtungen weitergeben.

Selbst aktiv werden

Es werden dringend rüstige, ehrenamtliche Helfer gesucht, die noch gut Heben und Tragen können. Bitte diesbezüglich bei Andreas Bredereck melden – Telefon: 0152 – 27282757

Helfen stärkt dein Selbstbewusstsein und macht dich glücklich. Ehrenämter stärken die Gemeinschaft. Und Gemeinschaft braucht es in unserer Gesellschaft.

Lebensmittelspenden

Ich frage Andreas, ob auch Privatleute Obst und Gemüse aus eigenem Anbau spenden dürfen. „Ja, auf jeden Fall. Spenden jeder Art sind willkommen.“ Bestenfalls auch Spenden vorher unter o. g. Telefonnummer ankündigen. Sonst steht man womöglich bei der Anlieferung vor verschlossener Tür.

Ausgabe an Bedürftige

So funktioniert’s wenn Lebensmittel benötigt werden.

Ich bin dabei

Eine Mitgliedschaft im Verein lohnt sich immer. Ab einem monatlichen Beitrag von 2,75 EUR kann man Mitglied werden. Für den Einzelnen ein kleiner Betrag, in Summe aber ein großer. Die Masse macht’s und gibt dem Verein Planungssicherheit.

Fazit

Ich bin nach 4 Stunden Arbeit geschafft. Das liegt aber vor allem daran, dass es insgesamt sehr viele Eindrücke sind, die erst einmal verarbeitet werden wollen. Nicht zuletzt trägt die Hitze auch dazu bei. Die Tätigkeit selbst empfand ich nicht als sehr anstrengend.

Mich hat das Miteinander beeindruckt. Alle pflegen einen herzlichen und hilfsbereiten Umgang untereinander. Es wird gelacht und gemeckert, wie es sich für waschechte Berliner gehört. Alle haben das Herz am rechten Fleck.

Manchmal, so erfahre ich, geht es nicht ganz so harmonisch zu. Es gibt natürlich auch Auseinandersetzungen. Kunden werden ungeduldig, wenn sie lange warten müssen. Ehrenamtliche sind auch mal überfordert, weil zu wenige von ihnen in einer Schicht arbeiten. Verständlich. Wo gehobelt wird, fallen eben auch Späne.

Hut ab, vor so viel Engagement, das von Andreas und seinem ehrenamtlichen Team Woche für Woche geleistet wird.

Direkt im Anschluss unserer Aktion resümieren Lars und ich spontan. So auch am letzten Donnerstag. Hier das Video dazu. Man merkt uns die Erschöpfung ein wenig an – vor allem mir (stammel, stammel)….

Unser nächster Einsatz findet im September statt. Lars bekommt im August sein zweites Kind – Hurra! – und ich mache Urlaub und kümmere mich in der verbleibenden Zeit um Liegengebliebenes.

Bis dahin – bleibt alle schön gesund und munter.

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