Was fährt denn da? Ein Besuch bei der Wasserschutzpolizei
Schöneweide ist für mich vor allem so schön, weil es am Wasser liegt.
Jetzt gerade. Wenn die ersten Sonnenstrahlen rauskommen, bin nur noch am Ufer, auf dem Niederschöneweider Spazierweg, am Kaisersteg, dem Krancafé, den Urban Gardens der HTW. Dabei sehe ich gefühlt 5x am Tag die blauweißen Boote der Wasserschutzpolizei vorbeituckern und gefühlt jedes Mal sagt dann irgend jemand: „Boah, deren Job hätte ich gern. Entspannen, Bötchen fahren, braun werden – da stirbste nicht am Herzinfarkt.“ Für uns Grund genug, die WSP einmal zu besuchen.
Schönweide gehört zum Einsatzgebiet der Berliner Wasserschutzpolizei Ost. Ihre Wache mit Hafen, Garagen und Dienstgebäuden liegt im Baumschulenweg, am südlichsten Zipfel des Plänterwalds, gleich neben der Fähre f11 nach Oberschöneweide. Ein Amtsgebäude mit Ostcharme; wir klingeln, passieren eine Sicherheitstür und dann sitzen wir ihnen in der „Messe“ (eine Art Sitzungssaal voller Bootsmodelle in Vitrinen) leibhaftig gegenüber. Polizeioberkommissarin D. und Polizeioberkommissar Y. Uniformhemd und verschmitztes Lächeln. Was wir denn eigentlich wissen wollen, die Aufgaben der WSP könne man doch schließlich auf ihrer Internetseite nachlesen. Ja klar. Aber.
Ist Ihre Arbeit denn wirklich so gemütlich, wie wir sie uns alle vorstellen?
Das Lächeln wird noch ein bisschen verschmitzter. Grundsätzlich sei die Arbeit auf dem Wasser gar nicht so viel anders als die Arbeit des Straßenpolizisten. Man fährt Streife und kontrolliert die Einhaltung der Verkehrsregeln, bekämpft Kriminalität oder Umweltdelikte. Außerdem sichert die WSP Großereignisse wie „Müggelsee in Flammen“ oder Wassersport Events, z.B. an der Regattastrecke in Grünau.
Aber. Der große Unterschied sei, dass im Straßenverkehr alle Teilnehmer schnellstens von A nach B wollen, meist unter Zeitdruck den Verpflichtungen von Arbeit oder Privatleben hinterherrasen. Auf Berlins Wasserstraßen ist man dagegen im Bereich des Freizeitlebens. Fast alle, die hier unterwegs sind, sind im Feierabend- oder Ferienmodus. Sie sind zu ihrem eigenen Vergnügen unterwegs. Das macht den feinen Unterschied aus.
Ich persönlich finde ja sogar die Bezeichnung „Wassersport“ für am Steuer sitzen, ein Kaltgetränk zischen und ab und an die Angel raushalten stark übertrieben. Wenn die Wasserschutzpolizei dann mal ein Boot zur Kontrolle stoppt, dann trifft sie meist auf gut gelaunte Kapitäne und Kapitäninnen, die stolz ihre Papiere präsentieren: „Na endlich. Jetzt fahre ich schon seit 20 Jahren auf der Spree und bin noch nie kontrolliert worden.“ Und das mache dann, ja doch, die Arbeitsatmosphäre bei der WSP sehr viel netter.
Und für alle die es interessiert: Ja, zu Wasser gilt tatsächlich dieselbe Promillegrenze wie auf der Straße. Kaum zu glauben, wenn man sich die Besatzungen der Ausflugsfloße an den Sommerwochenenden anschaut.
Natürlich zieht niemand gern eine Wasserleiche aus der Spree, denn auch das kommt vor. Dazu kommen 12-Stunden-Schichten, Nachtschichten, arbeiten am Wochenende und an Feiertagen – wenn andere Freizeit haben ist für die WSP am meisten zu tun. Ganz normaler Polizeidienst eben.
„Aber nachts auf der Spree zu fahren, das kann ich nur jedem mal empfehlen. Man erlebt seine eigene Stadt ganz anders.“ Da kommt Y. fast ein bisschen ins schwärmen. Man darf sich die Wasserschutzpolizisten als zufriedene Menschen vorstellen.
Vielleicht sind die Arbeitsplätze der WSP deswegen sehr begehrt: In 10-15 Jahre Straßenpolizeidienst muss man sich bewähren, damit man sich zum Wasserschutzpolizisten weiterbilden kann.
Eine komplette Streifenfahrt der WSP Ost dauert übrigens 10 Stunden und führt von der Oberbaumbrücke bis runter zum Müggelsee, dann über den Dämeritzsee, den Seddinsee und die Dahme wieder zurück und schließlich noch den langen Teltowkanal entlang bis Zehlendorf. Der schönste Abschnitt sei der über den Seddinsee mit seinen Inseln und dem bewaldeten Ufer, sagt Y.
Wenn die WSP zu einem Einsatz gerufen wird, dann kommen sie schon mal mit dem Auto, weil das einfach schneller ist. Ihre Boote können zwar ja nach Typ bis zu 80km/h fahren, aber zu diesem Miami Vice Feeling kommt es quasi nie, weil es auf den in Frage kommenden Wasserstraßen einfach nicht praktikabel ist. Durch die Bugwelle, die dabei ans Ufer schlagen würde, hätte man hinterher 10 nasse Angler.
Wenn die Spree zugefroren ist, steigen die WSP übrigens ganz vom Boot aufs Auto um. In ihren so genannten „Eiswagen“ befindet sich unter anderem das Equipment zur Eisrettung.
Die Boote der WSP dürfen wir dann auch noch im Hafen besichtigen und hinein und herausklettern. Mitfahren ist leider verboten. Die Boote sind neben Fahrzeug auch Büro und Kantine (= es gibt eine Mikrowelle) auf engstem Raum. Insofern sehen sie statt nach 007 eher nach Amtsstube aus. Mir gefallen sie trotzdem mit ihren grüngrauen Gummitischen und Telefonkabelsalat („Das ist das Funkequipment“) wie aus einem Spionagefilm der 60er Jahre.
Zu dritt ist man darin unterwegs. Eine Klimaanlage haben sie alle nicht. Und bei 10 Stunden Fahrten mal Pause machen und im Brauhaus am Müggelsee absteigen ist ebenfalls nicht drin, da muss Stulle und Thermoskanne ausreichen. Mir scheint, so eine Streifenfahrt an einem heißen Sommertag kann auch lang werden.
Und was passiert aufregendes auf der Spree in Schöneweide?
Sehr aufregend scheint unser Stadtteil zu Wasser nicht zu sein. Das Brückenspringen vom Kaisersteg ist verboten, weil ausgesprochen gefährlich, wird aber trotzdem immer mal wieder gemacht. Manchmal treibt ein Hausboot aus Versehen auf die Spree hinaus. Bootsmotoren verschwinden spurlos aus den Winterquartieren. Mehr ist nicht los.
Wir verabschieden uns beschwingt und doch etwas sehnsüchtig, zu Fuß und leider nicht zu Wasser. Immer schön winken sollen wir. Das machen wir. Versprochen.
Mehr zu den Aufgaben der Wasserschutzpolizei in Berlin.
Und einen Bericht dazu wie man Wasserschutzpolizist wird.
– Text: Meri, Fotos: Leo –
No Comments